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#fürneuss

CDU
Der CDU-Wahlmarathon: Zwischenbilanz eines ungewöhnlichen Events

Schwitzen für Neuss – und seine Zukunft

9. September 2004 4 Minuten Lesezeit

Um die Ecke biegt ein Reisebus. Von oben bis unten in blau mit einem Neusser Wappen und der Aufschrift „CDU“. Mit aufgekrämpelten Hemdsärmeln und Schweiß auf der Stirn springt ein Trupp aus der hinteren Tür, während der Fahrer das 11 Meter lange Ungetüm auf den vorbereiteten Stellplatz am Edekamarkt rangiert. Wie auf Kommando und eintrainiert bauen im Laufschritt innerhalb von 10 Minuten mehrere Helfer, alle in weißen T-Shirts, einen Stand auf, der an das Ziel einer Etappe der Tour der France erinnert. Selten hat man die CDU-Mannschaft in so umtriebiger Aktivität gesehen wie hier. Alles hört auf ein Kommando.

Die Mehrheitspartei im Rat der Stadt Neuss hat sich für den Kommu-nalwahlkampf 2004 etwas Ungwöhnliches einfallen lassen. Mit dem Wahlmarathon begann sie Ende Juni ein ambitiöses Projekt, dass Bür-germeister Herbert Napp, den CDU-Spitzenkandidaten, durch alle Wahlkreise führt. Führt? Er läuft Kilometer für Kilometer mit schnel-lem Tempo vorneweg und kommt mächtig ins Schwitzen. Die CDU hat nicht zuviel versprochen. „Wir kommen in alle Wahlkreise, und dieses Versprechen lösen wir Woche für Woche ein weiteres Stück-chen ein“, berichtet Wahlkampfleiter Dr. Hermann-Josef Baaken. Er inszeniert die Etappen, die deren Start- und Zielort mehr sind als ein einfacher Informationsstand. Eine Meckerwand ermöglicht den Bür-gern, ihre Anregungen direkt schriftlich festzuhalten. Eine Mikrofon-anlage macht die Wahlkämpfer unüberhörbar. Die einheitliche Beklei-dung in T-Shirts und Wappen der Stadt Neuss (Parteivorsitzender Cornel Hüsch: „Wir bekennen uns zu unserer Stadt, ihrer Tradition und tragen sie am Herzen“) macht die Kampagne unübersehbar und zeigt die hinter der Partei stehende große Schar von Bürgern aus allen gesellschaftlichen Gruppierungen.

Doch die Krönung ist der Wahlkampfbus, der mittlerweile – vom Neusser Reisebusunternehmer Schröder tageweise zur Verfügung ge-stellt – mit dem Slogan „CDU – Stark.Erfolgreich.Offen“ durch ganz Deutschland tourt und für Aufsehen erregt. „Ich habe noch nie einen so intensiven Wahlkampf erlebt“, beschreibt Kreistagsabgeordneter Willi Lohkamp die neue Kampagne mit Event-Charakter. Alles nur Show? Nein, betont CDU-Vorsitzender Hüsch. „Wir sorgen für Auf-merksamkeit und kommen so intensiv mit Bürgern ins Gespräch.“ In der letzten Woche waren es die Geschäftsinhaber im Weckhovener Ladenzentrum und die griechisch-orthodoxe Gemeinde, die anschließ-lich zum Abendessen einlud. In dieser Woche die Kleingartenbesitzer in der Nordstadt. Zufällige, manchmal auch organisierte Begegnungen zum politischen Gedankenaustausch und zur Freude über Gemein-samkeiten und die Feststellung: „Wir leben in einer schönen Stadt und wollen sie gemeinsam weiterentwickeln“, so interpretiert es Vorsit-zender Hüsch.

Die Kampagne ist zudem den Vorteil, die traditionellen Pfade der Kommunikation zu verlassen und damit neue Zielgruppen anzuspre-chen. Auch das ist eine Änderung in der politischen Kommunikation einer Partei, die sich bislang eher traditionell positionierte. „Anfangs waren viele skeptisch“, berichtet Wahlkampfleiter Baaken, der jetzt gelassener die Etappen organisiert als zu Beginn, über erste Reaktio-nen. „Jetzt will keiner fehlen und die gesamte CDU-Mann¬schaft zeigt Teamgeist“, resumiert er. Die Mitglieder des Wahlkampfteams, die meisten sind beruflich in der Kommunikation tätig, hätten das Ver-trauen erhalten, einen anderen Wahlkampf als bisher zu entwickeln und ungwöhnliche Ideen umzusetzen.

Bürgermeister Napp schwitzt am meisten, weil er praktisch jedes Wochenende, zum Schluß sogar wochentags, aber offensichtlich mit Be-geisterung mit dem Tross unterwegs ist. „Bei dieser Tour erfahre ich nicht nur Zustimmung für unsere Politik, ich erlebe durch den Lauf auch schöne Ecken unserer Stadt und fühle mich dann in unseren Ent-scheidungen für die Stadtentwicklung bestätigt.“ Das sehen auch die Kandidaten des jeweiligen Stadtteils, die trotz mancher Schwellen-angst selbst die Laufschuhe geschnürt haben oder sich auf Fahrrad schwingen, um voller Ehrgeiz den Bürgermeister zu begleiten und mitzuhalten. Und der ist schnell, hat Kondition – was manchem Mit-glied der Mannschaft noch fehlt, wie so oft auch in der Tagespolitik. Napp ist ein Langstreckenläufer, der den Weg zu seinem Ziel erklärt. Für fünf Jahre weitere Arbeit als Bürgermeister.