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Der Arbeitskreis Europa informiert

Privilegierte Partnerschaft. Die europäische Perspektive für die Türkei

11. März 2004 3 Minuten Lesezeit
Beschluss der Präsidien der Christlich Demokratischen Union und der Christlich-Sozialen Union am 7. März 2004

1.
Die Türkei ist ein mit Deutschland befreundetes Land. Sie ist ein verlässlicher NATO-Bündnispartner, der auch unter den veränderten Sicherheitsbedingungen eine herausgehobene strategische Bedeutung hat. Die Türkei kann ein wichtiger Vermittler zur islamischen Welt sein. Unterstützung verdient auch der Versuch eines islamischen Großstaates, sich zu einer rechtsstaatlichen Demokratie fortzuentwickeln. Wir wollen die europäische Orientierung der Türkei nachdrücklich fördern.

2.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs haben Ende 2002 vereinbart, im Dezember 2004 auf der Grundlage eines Berichts der EU-Kommission darüber zu entscheiden, ob Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufgenommen werden sollen. Als Voraussetzung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen muss die Türkei die 1993 von der EU verbindlich festgelegten politischen Kopenhagener Kriterien erfüllen, d. h. insbesondere ein demokratisches und rechtsstaatliches Handeln sicherstellen und die Menschen- und Minderheitenrechte voll verwirklicht haben. Formale Übernahme von Vorschriften und reale Praxis müssen dabei übereinstimmen. Dagegen wird auch nach der Einschätzung deutscher Gerichte weiter verstoßen.

3.
Unser Konzept der „Privilegierten Partnerschaft“ statt eines Beitritts trägt der europäischen Perspektive der Türkei Rechnung. Die „Privilegierte Partnerschaft“ geht weit über die zwischen der EU und der Türkei eingegangene Zollunion hinaus: So könnte eine alle Gütergruppen umfassende Freihandelszone geschaffen werden. Weiterhin könnte die Zusammenarbeit vertieft werden – insbesondere zur Stärkung der Zivilgesellschaft, des Umweltschutzes, zur Förderung von Kleinen und Mittleren Unternehmen, im Gesundheits- sowie im Bildungsbereich.

Zudem könnte die Türkei verstärkt in die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und in die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik einbezogen werden. Schließlich könnte zur Bekämpfung von Terrorismus, Extremismus und Organisiertem Verbrechen die Zusammenarbeit der Behörden und Institutionen im Innen- und Justizbereich sowie der Geheimdienste deutlich intensiviert werden.

4.
Der Beitritt von zehn neuen Staaten stellt eine große Herausforderung für die Europäische Union dar. Bevor mit weiteren Ländern Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden, müssen die Erfahrungen mit der Erweiterung zum 1. Mai 2004 ausgewertet werden. Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union müssen in der Balance gehalten werden. Wir treten dafür ein, dass im Dezember 2004 nicht über die Aufnahme von Verhandlungen über die Mitgliedschaft der Türkei in der EU entschieden wird. Falls die EU trotz unserer anderen Position allerdings die Aufnahme von Verhandlungen mit der Türkei beschließt, müssen diese auf die Perspektive einer Privilegierten Partnerschaft gerichtet sein, weil eine Aufnahme der Türkei die EU überfordern und die Gefahr einer Rückentwicklung