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#fürneuss

CDU
Zum Tod von Papst Johannes Paul II. erklärt die Vorsitzende der CDU Deutschlands, Dr. Angela Merkel

Die CDU nimmt mit Dankbarkeit und Respekt Abschied von Papst Johannes Paul II.

3. April 2005 5 Minuten Lesezeit

Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer haben wir heute die Nachricht vom Tod Papst Johannes Paul II. aufgenommen. Mit Johannes Paul II. verliert die Welt nicht nur eine große Gestalt der Kirchengeschichte, sondern auch eine Persönlichkeit, deren Wirken einen großen Platz in der Weltgeschichte einnehmen wird.

Dieser Papst aus dem einst kommunistisch beherrschten Polen hat mit den ihm gegebenen Möglichkeiten - die einst Stalin veranlasst hatten, die spöttische Frage zu stellen, über wie viele Divisionen ein Papst verfüge - erheblichen Einfluss auf den historischen Wandel im Osten Europas genommen. Er hat einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Diktaturen und des Eisernen Vorhangs quer durch Europa geleistet. Gerade wir Deutsche werden uns immer wieder mit großer Dankbarkeit an Papst Johannes Paul II. erinnern: Seinem unerschütterlichen Eintreten für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte ist es mit zu verdanken, dass der menschenverachtende, totalitäre Anspruch des Kommunismus erschüttert, der gefährliche und spannungsreiche Ost-West-Gegensatz beendet und unser Vaterland nach langen Jahren der schmerzvollen Spaltung wiedervereinigt werden konnte. In der Geschichte Europas wird Johannes Paul II. einen bleibenden Platz als einer der großen geistigen Wegbereiter des geeinten Kontinents einnehmen.

Papst Johannes Paul II. war Bischof von Rom; er hat sich aber immer auch als "Weltseelsorger" verstanden. Als solcher praktizierte er weltumspannende Katholizität. Bis ins hohe Alter hinein hat er sich nicht geschont und viele Länder und Völker besucht. Wohin auch immer ihn seine Reisen geführt haben: Überall wurde er - über Konfessionsgrenzen hinweg - als moralische Autorität und als ein Zeichen der Hoffnung von den Menschen wahrgenommen. Seine besondere Zuwendung galt vor allem den armen und benachteiligten Regionen der Erde.

Aus seinem Glaubens- und Amtsverständnis heraus konnte er mit einer tief beeindruckenden Glaubwürdigkeit auch auf andere christliche Kirchen, auf die Vertreter der anderen großen Weltreligionen und selbst auf Menschen zugehen, denen der Glaube an einen Gott fremd geblieben oder fremd geworden war. In einer an überzeugenden Vorbildern armen Zeit hat er nachdrückliche Zeichen gesetzt, die von den Menschen verstanden und dankbar angenommen worden sind. Zu Recht ist er als "personifiziertes Weltgewissen" bezeichnet worden.

Papst Johannes Paul II. hat unermüdlich - und das macht das Geheimnis seines Wirkens aus - den Menschen eine Botschaft verkündet, die in der modernen, säkularen Welt kaum noch vorkommt: Er hat immer wieder mit großem Ernst und intensiver persönlicher Anteilnahme über das Gelingen und das mögliche Scheitern menschlicher Existenz gesprochen. Und er hat aufgezeigt, welche Angebote der christliche Glaube bereithält, damit das Leben eines Menschen Sinn und Ziel finden kann. Gerade in Zeiten tief greifenden Wandels und hoher Verunsicherung ist dieser Dienst an den Menschen besonders wichtig. Mit diesem besonderen Charisma gelang es ihm, auch junge Menschen anzusprechen und sie in ihrem Engagement für eine gerechtere und friedlichere Welt zu bestärken.

Dabei waren die Botschaften des Papstes, seine Ansichten und Forderungen, niemals bequem. Sie waren vor allem nie zeitgemäß im Sinne des oft anzutreffenden Missverständnisses, dass der moderne Zeitgeist immer auch schon die Wahrheit sei. Seine Kritik an den modernen Glücksbotschaften nach dem Motto "anything goes" und dem Verlangen nach uneingeschränkter materieller Bedürfnisstillung, seine eindringlichen Warnungen vor dem Irrtum, alles was machbar ist, auch für erlaubt zu halten, wiesen stets klare Alternativen auf und bleiben über seinen Tod hinaus bedeutsam.

Mit der öffentlichen Anerkennung, dass auch die Katholische Kirche im Laufe ihrer Geschichte Schuld auf sich geladen habe, hat er ein Zeichen von historischem Rang gesetzt. Er hat die Spaltung der Christenheit, die Anwendung von Gewalt bei der Missionierung fremder Völker und die auch von Christen zu verantwortenden Verfolgungen von Juden vor aller Welt beim Namen genannt. Mit seiner nachdrücklichen Bitte um Vergebung hat Papst Johannes Paul II. einen Weg zur Versöhnung zwischen Religionen und Kulturen gewiesen.

Der alternde Papst litt - sichtbar für die gesamte Weltöffentlichkeit - an schweren Erkrankungen. Er hat diese mit großer Geduld und eiserner Selbstdisziplin ertragen. Dies war seine Form, Zeugnis abzulegen von dem Glauben, aus dem er lebte und von der Hoffnung, die ihn stark sein ließ. In einer Welt, in der dem körperlichen Leid in vielen Gesellschaften nicht mehr selbstverständlich Raum gegeben wird, hat er mit seiner Haltung ein kostbares Zeichen gesetzt: Man wird dem Menschen in allen seinen Dimensionen nicht gerecht, wenn nur Jugend, Gesundheit und volle Leistungsfähigkeit die Kriterien zur Beurteilung seines Wertes bilden. Gerade diese tapfere Demonstration wahrer Humanität hat mich tief beeindruckt. Das Gespräch mit Johannes Paul II. im Mai 2003 war für mich als CDU-Vorsitzende, aber auch ganz persönlich, ein sehr bewegendes Erlebnis. Es wird mir unvergesslich bleiben.

Die Christlich Demokratische Union Deutschlands nimmt mit Dankbarkeit und Respekt Abschied von einer großen Persönlichkeit. Sie wird Papst Johannes Paul II. stets ein ehrendes Gedenken bewahren.